Miktionsstörung

Weil die Prostata die Harnröhre umgibt und direkte Verbindungen zu ihr besitzt und zudem den Blasenverschluss unterstützt, können Prostataerkrankungen und deren Behandlung die Miktion (das Wasserlassen) stören.

Normalerweise ist die Blase alle 4-7 Stunden mit 350-450ml Harn gefüllt und damit voll. Dies führt zu einem Dehnungsreiz der Blase, der den inneren, unwillkürlichen Schließmuskel am Blasenausgang erschlaffen lässt, was sich als Harndrang äußert. Geht man zur Toilette und entspannt den äußeren, willkürlichen Schließmuskel des Beckenbodens, zieht sich die Muskulatur der Blasenwand zusammen. Nach raschen Beginn entleert sich so die Harnblase mit einer maximalen Flussrate von 20-50ml pro Sekunde in 10-15 Sekunden restlos und beschwerdefrei (s. auch Uroflowmetrie bei Urinuntersuchungen). Ist dieser Ablauf der Harnentleerung, die Miktion gestört, spricht man von Miktionsstörungen.

Einteilung

Miktionsstörungen lassen sich grob in drei Gruppen einteilen:

1. Obstruktive Zeichen entstehen durch Behinderung des Harnabflusses aus der Blase (von Obstruktion = Verlegung, z.B. durch die Prostata):

  • Verzögerter Miktionsbeginn.
  • Harnstrahlabschwächung bis zum Tröpfeln.
  • Verlängerte Miktionsdauer.
  • Nachträufeln von Harn nach der Miktion.
  • Gefühl der unvollständigen Harnentleerung.
  • Harnstottern: Harnstrahlunterbrechungen, z.B. durch einen Blasenstein, der den Blasenausgang immer wieder verlegt.

2. Irritative Zeichen entstehen durch Reizung (= Irritation, z.B. Reizung der Harnblase durch Restharn oder Entzündung = Reizblase):

  • Dysurie: Schmerzhafter Harndrang mit erschwerter Miktion. Manchmal als Überbegriff für die irritativen Zeichen gebraucht.
  • Pollakisurie: Harndrang und Miktion tagsüber gehäuft, jeweils mit Entleerung einer geringen Harnmenge, die Tagesmenge bleibt gleich.
  • Nykturie: Harndrang und Miktion mehr als zweimal pro Nacht.
  • Algurie: Schmerzhafte Miktion. Bei Schmerzen am Ende des Wasserlassens spricht man von einer terminalen Algurie.
  • Strangurie (Harnzwang): Sehr schmerzhafter Harndrang (Blasenkrämpfe), meist mit Entleerung einer sehr geringen Harnmenge.
  • Imperativer Harndrang (engl. urge = Drang): Starker, unwiderstehlicher Harndrang, kann zur Dranginkontinenz führen (s. Harninkontinenz).

3. Harninkontinenz bedeutet einen unwillkürlichen Harnabgang und kann durch verschiedene Mechanismen entstehen. Näheres hierzu siehe Harninkontinenz.

Ursachen

Die Ursachen von Miktionsstörungen sind sehr vielfältig: Zum Beispiel Entzündungen, Steine, Tumoren, Gefäßveränderungen, Missbildungen und Narben im Bereich von Niere, Harnleiter, Harnblase, Prostata und Harnröhre, zudem Nerven- und Herzkrankheiten sowie Medikamente.

Besonders häufig sind Harnwegsinfekte und Prostataerkrankungen. Letztere behindern oft den Harnabfluss aus der Blase, führen also zu obstruktiven Zeichen (s.o.). Im Verlauf kommen dann irritative Zeichen (s.o.) oder sogar eine Dranginkontinenz (s. Harninkontinenz) hinzu. Siehe hierzu auch Krankheitszeichen bei Prostatakarzinom, Zeichen und Komplikationen des BPS (benignes Prostatasyndrom), akute Prostatitis, chronische Prostatitis und chronisches Beckenschmerzsyndrom.

Komplikationen

Miktionsstörungen können zu vielen Komplikationen führen, auch zu dauerhaften Nierenschäden. Wichtig bei der Harnabflussbehinderung (Obstruktion) durch die Prostata sind:

  • Balkenblase: Verdickung der Harnblasenwand, eventuell mit Bildung von Divertikeln (Ausstülpungen) und dadurch weiteren Folgen (z.B. Restharn, Entzündung, Steinbildung).
  • Überlaufblase: Überdehnung der Harnblasenwand durch zu viel Restharn mit Harnträufeln (Überlaufinkontinenz, s. Harninkontinenz) und Rückstau in die Nieren (Gefahr von Nierenschäden).
  • Akute Harnverhaltung (Ischurie): Eine plötzliche, komplette Obstruktion macht die Miktion unmöglich und führt zur sehr schmerzhaften Überdehnung der Harnblase. Die Schmerzen werden im Verlauf so unerträglich, dass meist notfallmäßig eine Entlastung der Blase vorgenommen werden muss. Dies geschieht durch Einlage eines transurethralen (durch die Harnröhre eingelegten) Katheter.

Näheres zu diesen Komplikationen siehe auch Zeichen und Komplikationen des BPS (benignes Prostatasyndrom).

Untersuchung

Wegen der zahlreichen möglichen Ursachen und Komplikationen müssen Miktionsstörungen sorgfältig abgeklärt werden. Neben dem ausführlichen Erheben der Vorgeschichte (Anamnese) kommen relativ viele Methoden in Betracht, z.B. digitale rektale Untersuchung, Urinuntersuchungen, Sonographie, Uroflowmetrie. Sie werden ausführlich in den Kapiteln Urinuntersuchungen der Prostata und Untersuchung beim BPS beschrieben.

Abgrenzung

Miktionsstörungen sind von Veränderungen der Harnmenge zu unterscheiden:

  • Polyurie (vermehrte Harnausscheidung): Mehr als 2000 ml pro Tag, z.B. bei vermehrter Trinkmenge, Diabetes mellitus und Nierenerkrankungen, geht meist mit Pollakisurie (s.o.) einher.
  • Oligurie (verminderte Harnausscheidung): Weniger als 500ml pro Tag, z.B. bei verminderter Trinkmenge und Nierenerkrankungen. Eine Obstruktion durch die Prostata führt zur Pollakisurie (s.o.) und somit nur zur Oligurie, wenn man wegen der Beschwerden weniger trinkt.
  • Anurie ("keine" Harnausscheidung): Pro Tag gelangen weniger als 100ml Harn in die Blase, z.B. bei Schock und Nierenversagen. Deshalb besteht bei akuter Harnverhaltung (s.o.) eine sog. falsche Anurie.

Behandlung

Die Behandlung von Miktionsstörungen werden in dem Kapitel Behandlung des BPS beschrieben.