Statine und die Vorbeugung gegen Prostatakrebs
Über solch schützende Effekte dieser „Blutfettsenker“ wurde in letzter Zeit oft diskutiert. Zu einer vorbeugenden Einnahme lässt sich aber nicht raten, so die Forscher, die jetzt das heutige Wissen darüber zusammengefasst haben.
Statine sind die derzeit am häufigsten verwendeten Wirkstoffe zur Senkung des Blutspiegels von Cholesterin (ein Blutfett). Ein erhöhter Cholesterinspiegel ist ein erheblicher Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Statine vermindern die Häufigkeit solcher Erkrankungen und die Sterblichkeit daran. Sie werden im Allgemeinen gut vertragen, können aber auch unerwünschte Wirkungen haben.
Neuere Studien legen nahe, dass es auch einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Statinen und der Verringerung der Häufigkeit von Prostatakarzinomen und der Sterblichkeit an diesem Krebs gibt. Für diese Wirkungen wurden einige mögliche Mechanismen angeführt, die meisten davon schließen einen direkten Eingriff von Statinen in Signale und den Stoffwechsel innerhalb von Zellen ein.
Für diese Übersichtsarbeit werteten finnische Forscher alle verfügbaren experimentellen und klinischen Untersuchungen aus, die es zur Rolle von Statinen bei der Vorbeugung gegen Prostatakrebs gibt. Es zeigte sich, dass Statine in vitro (im Reagenzglas, meist bei hoher Dosierung) den programmierten Zelltod fördern, Entzündungen hemmen und das Wachstum von Prostatakrebszellen bremsen können. Ob dies auch in vivo (im lebenden Menschen) funktioniert, ist noch unsicher.
Die Krebsfrüherkennung mittels PSA-Test (PSA = Prostata-spezifisches Antigen, s. PSA-Wert Bestimmung) kann Studienergebnisse auf komplizierte Weise beeinflussen und ist deshalb eine Herausforderung für künftige Untersuchungen: Im Vergleich zu Personen, die keine Statine einnehmen, sind Personen, die solche Medikamente längere Zeit einnehmen, gesünder und interessierter an der Früherkennung und Behandlung von Krankheiten. Sie dürften also auch eher getestet werden. Allerdings haben sie einen niedrigeren PSA-Spiegel, am wahrscheinlichsten infolge der Senkung des Cholesterinspiegels, nachdem der Effekt bei anderen Cholesterinsenkern ebenfalls auftritt. Somit würde bei ihnen seltener eine Biopsie (Probeentnahme, s. Prostatabiopsie) empfohlen, was die Erkennungsrate von Prostatakrebs vermindern und eine geringere Krankheitshäufigkeit vortäuschen würde.
So zeigen denn auch die bislang verfügbaren Daten ein uneinheitliches Bild: In Studien zum Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wurde zum Teil eine Erniedrigung des Risikos für Krebs allgemein, aber nicht für Prostatakrebs gefunden, zumindest nicht bei einer Einnahme von Statinen von weniger als 5 Jahren. Untersuchungen zum Prostatakarzinom lieferten ebenfalls widersprüchliche Ergebnisse. Wenn der Einfluss der PSA-Testung berücksichtigt wurde, fand sich jedoch eine Verminderung des Risikos für einen fortgeschrittenen Tumor, und zwar auf bis zur Hälfte bei einer Einnahme von Statinen über mehr als 5 Jahre oder bei gleichzeitiger Einnahme von Entzündungshemmern (so genannte NSAIDs), sowie zum Teil auch eine Verminderung des Gesamtrisikos.
Ob Statine auch das Entstehen von Prostatakrebs vermindern können, wofür eine Abnahme der Zahl von latenten (nicht auffällig gewordenen) Tumoren sprechen würde, ist noch nicht untersucht. Dies gilt auch für ihre Effekte auf die Spiegel der Androgene und Östrogene (männliche bzw. weibliche Geschlechtshormone) in Blut und Prostata sowie auf die Androgenrezeptoren in der Prostata, mit Ausnahme des Blutspiegels der Androgene, der gleich bleibt (s. auch Geschlechtshormone). Ferner ist noch unklar, ob Statine das Risiko nicht lediglich durch Beseitigung der Blutfetterhöhung vermindern, die ja ihrerseits als Risikofaktor für Prostatakrebs gilt.
Fazit der Autoren: Da Statine wohl künftig verstärkt eingesetzt werden, wird eine mögliche Verminderung der Häufigkeit von Prostatakrebs und der Sterblichkeit daran durch diese Medikamente immer wichtiger. Die Effekte sollten in einer großen, aussagekräftigen Studie überprüft werden. Eine solche wäre allerdings aus vielerlei Gründen sehr schwierig durchzuführen. Doch auch andere Untersuchungen wie zum Fortschreiten des Tumors oder zu den Wirkmechanismen der Statine könnten weiterhelfen. Die Einnahme von Statinen zur Vorbeugung gegen Prostatakrebs kann derzeit nicht empfohlen werden, obwohl aus einigen Studien eine vorbeugende Wirkung zu entnehmen ist. Diese könnte zumindest eine weitere Motivation für Männer sein, die Statine aus anderen Gründen (z.B. erhöhte Blutfette, Vorbeugung gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen) einnehmen sollten.
Murtola, T. J., et al.: Statins and Prostate Cancer Prevention: Where We Are Now, and Future Directions. Nat Clin Pract Urol. 2008 5(7):376-387
Zu den Risikofaktoren für Prostatakrebs in der Rubrik „Was ist Prostatakrebs?“ unter Ursachen des Prostatakarzinoms und in der Broschüre „Prostatakrebs – Ein Ratgeber und Therapiebegleiter für Betroffene“
Zur Vorbeugung gegen Prostatakrebs im Magazin unter Chemische Vorbeugung gegen Prostatakarzinom
Zum PSA in der Rubrik „Früherkennung und Diagnose von Prostatakrebs“ unter PSA-Wert Bestimmung sowie in der Broschüre „Prostatakrebs – Ein Ratgeber und Therapiebegleiter für Betroffene“
Zur Entnahme von Gewebeproben aus der Prostata unter Prostatabiopsie sowie in der Broschüre „Die Prostatastanzbiopsie“