Körperliche Aktivität bei Prostatakrebs

Krebspatienten müssen sich unbedingt schonen und sollen Anstrengungen vermeiden, um keine Komplikationen heraufzubeschwören, so die frühere Lehrmeinung. Doch dies ist mittlerweile überholt.

In einer Übersicht (Siegmund-Schultze) über das derzeitige Wissen kommt die Autorin zu folgendem Fazit: Das Krebsrisiko ist bei regelmäßiger körperlicher Aktivität erniedrigt, und es sinkt mit dem Ausmaß der Aktivität. Empfohlen werden Sportarten wie schnelles Gehen, Joggen, Fahrradfahren oder Schwimmen an mindestens fünf Tagen in der Woche für jeweils 30, besser 45 bis 60 Minuten. Körperliche Aktivität unter kontrollierten Bedingungen ist notwendig in allen Phasen der Krebserkrankung ab der Diagnosenstellung. Regelmäßige Bewegung hat einen positiven Einfluss unter anderem auf Begleiterkrankungen, Therapieverträglichkeit, Lebensqualität, Erschöpfung (Fatigue-Syndrom), Immunsystem und Herz-Kreislauf-Funktion. Das Training sollte individuell abgestimmt sein, langsam beginnen und möglichst auf Beweglichkeit, Ausdauer, Kraft und Koordination zielen.

In einer weiteren Übersicht (Seifart) über zahlreiche Studien fassen die Autoren die Ergebnisse wie folgt zusammen: Mit Sport kann man sein Krebsrisiko senken, und Krebspatienten können damit aktiv etwas zur Verminderung von Nebenwirkungen der Behandlung beitragen und auf die Prognose Einfluss nehmen. Auch während der Rehabilitation ist die körperliche Aktivität wichtig, vor allem um Schwäche und Abgeschlagenheit zu überwinden, das körperliche und seelische Wohlbefinden wiederzuerlangen, Folgestörungen zu bewältigen und insbesondere die Erschöpfung (Fatigue-Syndrom) zu verbessern: Damit durchbricht man den Teufelskreis aus Erschöpfung, Bewegungsmangel, verminderte körperliche Leistungsfähigkeit und wieder Erschöpfung. Letzteres findet sich auch in einer Arbeit speziell zum Fatigue-Syndrom (Horneber). Danach ist die körperliche Aktivität ein wesentlicher Bestandteil der nicht medikamentösen Behandlung einer solchen schweren Erschöpfung.

Speziell zu Prostatakrebs

In einer amerikanischen Langzeitstudie (Kenfield) über die Gesundheit von mehr als 50.000 Teilnehmern wurden 2705 Fälle von Prostatakrebs ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass körperliche Aktivität sowohl die Gesamtsterblichkeit als auch die Sterblichkeit an Prostatakrebs senkt: Die Gesamtsterblichkeit ging bei nicht anstrengenden und - noch deutlicher - bei anstrengenderen Aktivitäten zurück, im letzten Fall bei einer Dauer ab 3 Stunden pro Woche um knapp die Hälfte. Das Risiko, an Prostatakrebs zu versterben, sank ebenfalls und auch mit dem Ausmaß der Aktivitäten. So fiel es um 61%, wenn die Männer pro Woche 3 Stunden statt weniger als 1 Stunde eine anstrengendere Sportart ausübten wie Fahrradfahren, Tennisspielen, Joggen oder Schwimmen.

Bei der letzten Veröffentlichung (Baumann 2) handelt es sich um eine Auswertung zahlreicher Studien über die Auswirkungen der körperlichen Aktivität bei Prostatakrebs vor und nach Operation, während Bestrahlung, während Hormontherapie sowie in der Nachbehandlungszeit. Alles spricht dafür, dass ein Training Harninkontinenz, Erschöpfung (Fatigue-Syndrom), Fitness, Kraft, Beweglichkeit, körperliche Verfassung, Wohlbefinden und Lebensqualität verbessert. Dabei sind wohl Übungen mit Anleitung effektiver als ohne Anleitung. Die Autoren geben außerdem (wegen Schwächen in manchen Studien vorläufige) Empfehlungen ab für ein Beckenboden-, Ausdauer- und Krafttraining. Danach sollte man beispielsweise seine Ausdauer 2-3mal pro Woche je 45-60 Minuten trainieren und damit bereits vor der Therapie beginnen.

In der deutschen Prostatakrebs-Leitlinie (Leitlinie DGU) wird in Anlehnung an die amerikanische Krebsgesellschaft als allgemeine Vorbeugung gegen Krebs empfohlen, sich pro Woche mindestens 5mal je 30, besser 45-60 Minuten körperlich mäßig bis stark zu betätigen, zusätzlich zu den Alltagsaktivitäten. Außerdem empfiehlt sich körperliche Aktivität gegen mögliche Nebenwirkungen der Hormontherapie. Letzteres findet sich auch in der europäischen Leitlinie (Heidenreich). Weitere Hinweise auf die Wirksamkeit von Bewegung bei Prostatakrebs fehlen in beiden Leitlinien.

Fazit

Mit körperlicher Aktivität kann man wahrscheinlich nicht nur gegen Prostatakrebs vorbeugen, sondern auch den Verlauf einer solchen Erkrankung positiv beeinflussen. So gibt es zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass sich damit körperliche und seelische Auswirkungen des Tumors oder von dessen Behandlung erheblich verbessern lassen, so dass die Lebensqualität steigt. Vorausgesetzt natürlich, man vermeidet Überanstrengung und beachtet Umstände, unter denen ein Training ungünstig oder nicht erlaubt ist.

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